Elf Verwandte
in einer
Mannschaft
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"Schiedsrichter glaubte an einen schlechten Scherz":Elf Verwandte in einer Fußball-Mannschaft |
„Bei unserem ersten Heimspiel dachte der Schiedsrichter noch an einen Scherz“, erzählt Ahmad Omayrat. Der 44-jährige ist Spieler-Trainer beim Recklinghäuser Fußball-C-Ligisten Herta Recklinghausen III. Denn der Spielleiter hatte bestimmt noch nicht erlebt, dass bei einem Verein alle Akteure denselben Nachnamen auf dem Trikot tragen. Doch jetzt wissen die Schiedsrichter Bescheid. Denn diese Kuriosität sorgte nicht nur für einen Hype bei Facebook und Twitter, sondern auch für ein Medien-Echo wie bei einer Bundesliga-Mannschaft. Bis hin zum bundesweiten ZDF stürzten sich die Berichterstatter auf die Mannschaft in der untersten Spielklasse.
von Dietmar Alexy
Das Medien-Echo hatte für seine Mannschaft durchaus positive Folgen. Auswärts werden „die Omeirats“ stets freundlich begrüßt. Anfangs wollte niemand anders bei der arabisch-stämmigen Mannschaft mitspielen. „Doch jetzt rufen immer mehr bei uns an“, erzählt Ahmad Omayrat. „Wir sind selbstverständlich für jeden offen. Nur fußballerisch muss es passen.“ In der Rückrunde sind dann die ersten „Fremden“ spielberechtigt. Zwei neue Stürmer stammen aber auch wieder aus der Familie.
Ältester Spieler und als Trainer gleichzeitig Kopf der Elf: Ahmad Omayrat (44).
Foto: Dietmar Alexy
Denn im Angriff hapert es noch ein wenig. „Unsere Stärke ist vor allem die Abwehr. Aber auch im Mittelfeld läuft es gut“, erzählt Co-Trainer Mahmoud Omeirat (32). Zwar musste die neu zusammen gestellte Mannschaft zu Beginn Lehrgeld zahlen, doch jetzt läuft es immer besser. Platz sechs ist inzwischen erreicht. „Nächstes Jahr wollen wir aufsteigen“, fügt Torwart Hussein Omayrat hinzu. Besonders stolz ist die Mannschaft auf einen Punktgewinn beim damaligen Tabellenführer.
Groß ist der Trainingseifer bei der „Dritten“ von Herta Recklinghausen.
Foto: Dietmar Alexy
„Es macht Spaß, in der Kreisliga C zu spielen‘“, berichtet Trainer Ahmad. „Jeder kann jeden schlagen, es fallen viele Tore.“ Noch nie habe er Ausländerfeindlichkeit selber erlebt, sagt er auf Nachfrage. Allerdings berichtet der 1. Vorsitzende Andreas Meyer von beleidigenden Anrufen zu Saisonbeginn. Bezeichnenderweise anonym... Doch schon längst ist Ruhe eingekehrt.
Auch die Gegner empfangen sie freundlich. Zunächst rechneten sie wohl mit einer überharten Spielweise - und wurden überrascht. „Wir haben die ganze Saison noch keine Rote Karte bekommen“, erzählt der Trainer. „Es läuft wirklich alles prima.“ Und ergänzt: „Wir haben auch darauf geachtet, dass keine Schlägertypen zu uns kommen.“
Durch Fußball Zusammenhalt
Die in der Mehrheit eher jungen Spieler im Alter zwischen 20 und 26 Jahren sollen durch den Fußball „Zusammenhalt und Disziplin lernen“. Und davon abgehalten werden, an Treffpunkten wie Hauptbahnhof oder Spielhallen ihre Zeit zu verbringen. Andreas Meyer lobt denn auch den Trainingsfleiß dieser Mannschaft: „Sie nutzen jede freie Minute, um mit dem Ball zu üben. Auch der Zusammenhalt ist gut.“
Keineswegs überhart, sondern mit viel Spaß an der Freude spielen die Omeyrats.
Foto: Dietmar Alexy
Schon 1986 wanderten die beiden Großfamilien aus dem Libanon ein. Damals herrschte im Land Bürgerkrieg. Zudem befindet sich der Libanon seit der Gründung des Staates Israel mit ihm im Krieg. Zwar ist das Land eine parlamentarische Demokratie, doch die Lage dort ist auch nach Kriegsende wenig stabil. Viele Staatsmänner fielen schon Attentaten zum Opfer. Doch ab und zu ist die Lage besser, so dass mal ein Besuch der Omeirats im Heimatland möglich ist. „Wir haben alle dieselbe Oma“, erzählt der 29-jährige Torwart Hussein Omayrat. In zweiter Generation lebt seine Familie jetzt in Deutschland, er selber hat nur seine ersten zwei Monate als Säugling im Libanon verbracht. „Wir sind die größte Familie der Welt“, sagt er.
Gut 100 Fans unterstützen die Mannschaft bei Heim- und Auswärtsspielen. Für die unterste Spielklasse sehr viele. Naürlich auch die meisten Omeirats. Und auch die Schiedsrichter haben sich inzwischen alle an die neue Mannschaft gewöhnt. Und sehen die Elf mit Humor. „Manche wollen nur noch Vorname und Trikotnummer wissen“, erzählt Trainer Ahmad. „Und dann ergänzen sie: ´Ihr seht ja sowieso alle gleich aus`“.
Stimmung in der Kreisliga C: Viele, jedoch nicht alle Zuschauer, gehören zur Familie.
Foto: privat